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Jagdfreistellung aus ethischen Gründen nur bei gleichzeitiger Umzäunung des Grundstücks zulässig (Kärntner JagdG)

Rechtsbereich: Öffentliches Recht
Kategorie: Jagd
Behörde/Gericht: Verfassungsgerichtshof
Geschäftszahl: G 7/2016-29
Entscheidungsdatum: 15.10.2016

Sachverhalt


Ein Grundeigentümer hatte bei der Bezirkshauptmannschaft beantragt, seine Waldgrundstücke für jagdfrei zu erklären, da er die Jagd grundsätzlich ablehne und für eine natürliche Regulierung des Wildbestandes eintrete. Sein Antrag wurde mit Bescheid zurückgewiesen, da ein solches Verfahren nach dem Kärntner Jagdgesetz (K-JagdG) nicht vorgesehen ist, und in der Folge wurde auch die dagegen erhobene Beschwerde vom Landesverwaltungsgericht Kärnten mangels gesetzlicher Grundlage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung erhob der Grundeigentümer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) nach Art 144 B-VG und behauptete dabei, wegen der Anwendung von verfassungswidrigen Bestimmungen in seinen Rechten verletzt zu sein.

In concreto wurde vorgebracht, dass die nach dem Kärntner Jagdrecht vorgesehene Zwangsbejagung das Grundrecht auf Eigentum verletze, wenn die Grundstückseigentümer die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen. Zur Untermauerung wurde dabei auf mehrere Entscheidungen des EGMR verwiesen, in welchen dieser in ähnlichen Konstellationen Menschenrechtsverletzungen festgestellt hatte (EGMR 29.04.1999, Chassagnou u.a. gegen Frankreich; 10.07.2007, Schneider gegen Luxemburg; 26.06.2012, Herrmann gegen Deutschland). Da anlässlich dieser Beschwerde beim VfGH Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Bestimmungen des Kärntner JagdG entstanden, beschloss dieser von Amts wegen ein Gesetzprüfungsverfahren durchzuführen.

In diesem Kontrollverfahren prüfte der VfGH, ob das Eigentumsrecht durch die Bestimmungen zum sogenannten „Ruhen der Jagd“ (§ 15 Abs 2 und 3 K-JagdG) verletzt sei, da ein solches Ruhen nur auf Grundstücken möglich ist, „die durch eine feste Umfriedung dauernd umschlossen sind“, wobei landesübliche Weidezäune nicht ausreichen.

Entscheidung

Zunächst stellte der VfGH fest, dass die gesetzlich auferlegte Verpflichtung zur Duldung der Jagdausübung einen Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrecht (Art 5 Staatsgrundgesetz, Art 1 des 1. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention) darstellte. Dieses Grundrecht könne aber nach ständiger Rechtsprechung des VfGH durch Gesetze beschränkt werden, wenn diese Beschränkung im öffentlichen Interesse liege und verhältnismäßig sei. Nach Ansicht des VfGH folge aus den zitierten Entscheidungen des EGMR zwar, dass die vertretene ethische Haltung als zusätzliche Abwägungskomponente in die Verhältnismäßigkeitsprüfung miteinzubeziehen ist, aber ansonsten unterscheide sich die Situation in Kärnten in wesentlichen Punkten, sodass die EGMR-Judikatur aus mehreren Gründen nicht auf den gegenständlichen Fall übertragbar sei:

Zum einen gelte die Zwangsbejagung im gesamten Landesgebiet und zwar sowohl für Gemeindejagden als auch für Eigenjagden. Zum anderen bestehe in Österreich und im Besonderen in Kärnten ein spezifisches Interesse an einer flächendeckenden Jagdbewirtschaftung, da im europäischen Vergleich die höchste Schalenwilddichte herrsche und man nur durch permanenten Jagddruck enorme volkswirtschaftliche Schäden im Wirtschaftswald vermeiden könne. Die damit verbundene Lenkung des Wildes verhindere außerdem durch den Wildwechsel bedingte Verkehrsunfälle. Des Weiteren sei aufgrund der im alpinen Raum bestehenden Erosionsgefahr der Schutzwaldanteil in Kärnten besonders hoch, sodass auch aus diesem Grund eine besondere Behandlung gefordert sei. In diesem Sinne sei Österreich auch aufgrund der Alpenkonvention zur Setzung von Maßnahmen zum Schutz des Waldes im alpinen Gebiet völkerrechtlich verpflichtet, insbesondere da die einschlägigen Protokolle zu „Bergwald“ und „Berglandwirtschaft“ im gesamten Kärntner Landesgebiet anwendbar sind. Und schließlich sei die Jagdausübung in Kärnten nicht primär Freizeitbeschäftigung von Privatpersonen, sondern diene der Erhaltung der günstigen Wirkungen des Waldes, eines artenreichen und gesunden Wildbestandes und eines ausgewogenen Naturhaushalts.

Abgesehen davon könne eine Jagdfreistellung von Grundstücken gewissermaßen durch die Bestimmungen zum Ruhen der Jagd erreicht werden und diese Regelung könne von jedermann in Anspruch genommen werden – also auch von Personen, die die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen. Zwar sei die für ein Ruhen der Jagd erforderliche Herstellung einer Umfriedung mit Kosten für die Grundeigentümer verbunden, doch könne nur so verhindert werden, dass sich das Wild in diese jagdfreien Gebiete zurückziehe, sich signifikant vermehre und dort sowie in den angrenzenden Waldgebieten erhebliche Schäden anrichte. Aufgrund der genannten spezifischen öffentlichen Interessen sei es somit ein verhältnismäßiger Eingriff in das Eigentumsrecht, wenn der Gesetzgeber für die Jagdfreistellung eines Grundstückes eine entsprechende Umzäunung verlange.

Die betreffenden Bestimmungen des K-JagdG wurden daher nicht als verfassungswidrig aufgehoben und die im Anlassverfahren eingebrachte Beschwerde wurde in der Folge abgelehnt.

Die vollständige Entscheidung zum Gesetzesprüfungsverfahren finden Sie hier.

In seiner Entscheidung vom 10.10.2017 (E 2446/2015-42 ua) kam der VfGH auch hinsichtlich des NÖ Jagdgesetzes zum selben Ergebnis.