Home » Coronavirus und Tiere: Was gilt es zu beachten?
Nächster Artikel 

Coronavirus und Tiere: Was gilt es zu beachten?

20.03.2020 | Seit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 sind viele Tierhalter*innen verunsichert. Virologe Norbert Nowotny von der Vetmeduni Vienna beantwortet die häufigsten Fragen zum Umgang mit dem eigenen Haustier, zur Übertragung des Virus zwischen Mensch und Tier und zur Verbreitung von SARS-CoV-2.


Kann sich mein Haustier mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) bei betroffenen Menschen anstecken? Oder umgekehrt: Kann mein Haustier mich anstecken?

Norbert Nowotny: Nach derzeitigem Wissensstand brauchen sich Tierhalter*innen keine Sorgen zu machen, dass ihre Haustiere angesteckt werden können oder dass sie selbst durch ihre Haustiere infiziert werden. Es sind keinerlei zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen beim Gassi-Gehen etc. notwendig. Ein häufigeres Waschen oder Baden von Hunden, die sich zum Beispiel beim Ausgang am Boden gewälzt haben, ist jedoch anzuraten.

Darüber hinaus sind natürlich aufgrund der Ansteckungsgefahr zwischen Menschen weiterhin die aktuell allgemein geltenden Maßnahmen einzuhalten: Ausreichend Abstand (mindestens zwei Meter) zu anderen Passant*innen halten, nicht in die Hand sondern in ein Taschentuch, oder – falls nicht vorhanden – in die Ellenbeuge niesen und husten etc.

Als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme rät die AGES Tierhalter*innen, die am Coronavirus erkrankt sind, den Kontakt zu ihren Haustieren so gering wie möglich zu halten.

Es ist außerdem zu jeder Zeit von Vorteil, sich vor und nach dem Kontakt mit Tieren gründlich die Hände zu waschen. Die Maßnahme gilt nicht nur aktuell, sondern generell – so kann auch vermieden werden, dass E. Coli-Bakterien oder Salmonellen zwischen Mensch und Tier übertragen werden.

Können Haustiere das Coronavirus SARS-CoV-2 indirekt über Halsband, Leine oder Spielzeug an einen anderen Menschen übertragen?

NN: Dies ist nicht zu erwarten. Eine Person, die mit einem Hund spazieren geht, deren Frauerl/Herrl wegen einer Covid-19-Infektion in Quarantäne ist, sollte jedoch bei der Übergabe des Hundes mindestens zwei Meter Abstand zu der infizierten Person halten und die Übergabe so kurz als möglich halten. Außerdem sollte man Einweghandschuhe tragen, nicht das Gesicht berühren und sich nach dem Ausgang gründlich die Hände mit Wasser und Seife waschen.

Wie konnte es sein, dass ein Hund in Hongkong trotzdem positiv getestet wurde?

NN: Es gibt bereits (Stand 20.3.2020) 245.000 bestätigte menschliche Covid-19-Fälle und im Vergleich dazu nur einen einzigen Hund aus Hongkong, der schwach positiv getestet wurde – und keinerlei andere positiv getestete Haustierarten! Da dieser Hund aus dem Haushalt einer infizierten Person kam, ist anzunehmen, dass er mit den Viren durch Schnüffeln in Kontakt gekommen ist.

Die verwendeten Testverfahren sind hochempfindlich, wodurch bei diesem Hund das Virus erkannt werden konnte. Inzwischen wurde bei diesem Hund auch ein Antikörpertest gemacht, welcher negativ ausfiel (zur Erklärung: Bei einer Infektion entwickelt der Körper Antikörper gegen das Virus – bei besagtem Hund konnten aber keine Antikörper nachgewiesen werden). Es handelte sich also ziemlich sicher um keine Infektion, sondern um die Aufnahme des Virus auf die Schnauze durch Schnüffeln des Hundes.

Wenn Tiere das Virus von Oberflächen aufnehmen können, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Virus vom Spaziergang mit nach Hause bringen?

NN: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Tiere das Virus beim Spaziergang in der Natur aufnehmen. Auch dass sich die Viren längere Zeit im Fell der Tiere halten, wenn sie beispielsweise von einer infizierten Person gestreichelt werden, ist nicht anzunehmen – allerdings auch noch nicht widerlegt.

Sicher ist, dass bei Covid-19 (ähnlich wie bei der Grippe) durch eine Tröpfcheninfektion hohe Ansteckungsgefahr besteht. Durch die Verwendung von Wasser und Seife lässt sich die Fetthülle (die sogenannte Lipidhülle) des Virus aber sehr gut auflösen, weshalb Menschen regelmäßiges und gründliches Händewaschen mit Seife nahegelegt wird (s. Video der MedUni Wien: „Richtiges Händewaschen“).

Wer auf Nummer sicher gehen will – vorausgesetzt, die Vierbeiner lassen es sich gefallen – kann seinen Haustieren nach der Gassi-Runde die Pfoten mit einer milden Seifenlösung waschen bzw. sie wie häufiger als gewohnt baden (bitte ausschließlich sanfte, gut verträgliche Shampoos verwenden und Nase/Schnauze aussparen).

Wichtig:
Greifen Sie bei Ihren Tieren keinesfalls zu Desinfektionsmittel!

Wie verhält es sich mit landwirtschaftlichen Nutztieren?

NN: Auch hier gibt es bisher keinerlei Anhaltspunkte, die darauf deuten, dass das Virus vom Mensch auf Geflügel, Schwein oder Rind oder umgekehrt übertragen werden kann.

„Coronavirus“ ist für viele Tierhalter*innen kein neuer Begriff – warum?

NN: Das neuartige Coronavirus, auch bekannt als SARS-COV-2 (die dadurch ausgelöste Krankheit wird Covid-19 genannt), ist nicht zu verwechseln mit schon lange bekannten Coronaviren, die Säugetiere, Vögel und Fische befallen können. Das wohl bekannteste unter ihnen ist das feline Coronavirus, das in seltenen Fällen zur felinen infektiösen Peritonitis (FIP) führen kann. Diese Viren haben nichts mit dem pandemischen SARS-CoV-2 zu tun, müssen jedoch bei Tieren sehr wohl ernst genommen und behandelt werden. Sie stellen aber keine Gefahr für den Menschen dar.

Welche Rolle spielen Zoonosen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des neuen Coronavirus SARS-CoV-2?

NN: Als Zoonose wird eine Infektionskrankheit bezeichnet, die von Wirbeltieren auf den Menschen und umgekehrt übertragen werden kann. Im Falle von SARS-CoV-2 ist es höchst wahrscheinlich, dass dieses Coronavirus (wie auch viele andere Coronaviren, beispielsweise SARS oder wahrscheinlich auch MERS), von Fledermäusen beherbergt wurde. Fledermäuse sind oft Träger von (Corona-)Viren – sie tragen sie in sich, erkranken aber daran nicht. Scheiden Fledermäuse die Viren über ihren Kot aus, kann das Virus von anderen Wildtieren durch die Futteraufnahme in deren Körper gelangen.

Der Übersprung von SARS-CoV-2 vom Tierreich auf den Menschen erfolgte mit großer Wahrscheinlichkeit auf einem Lebendtiermarkt in China, vermutlich über das Pangolin-Schuppentier, welches in China als Delikatesse gilt und auf besagtem Markt verkauft wurde. Demnach diente als Zwischenwirt zwischen Fledermaus und Mensch ziemlich sicher das Pangolin-Schuppentier.

Auf derartigen Märkten (sogenannte „Wet Markets“) werden unterschiedlichste Tierarten angeboten, zum Teil das rohe Fleisch der Tiere, zum Teil lebende Tiere. Auf engstem Raum kommen dort Menschen und unterschiedlichste Tierarten ständig in Berührung, die hygienischen Standards sind schlecht. So konnte das Virus vom Tier auf den Menschen überspringen. Nun breitet sich das Virus rasch in der menschlichen Population aus.

Kann ich mir sicher sein, dass das Virus vom Menschen nicht wieder auf Tiere übergeht oder von anderen (Wild-)Tieren auf mich übertragen wird?

NN: In der Welt der Biologie gibt es kein 100%. Derzeit gibt es keine Hinweise darauf. Außerdem ist SARS-CoV-2 dermaßen „erfolgreich“ (vom „Standpunkt des Virus“ aus betrachtet) im Infizieren der menschlichen Population, dass es keinen Grund hat, wieder auf andere Tierarten überzuspringen.

Univ.-Prof. Dr.phil. Norbert Nowotny ist am Institut für Virologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) tätig.

 

Bleiben Sie up to date!

:
:


Folgende Artikel könnten Sie auch interessieren:

Hilfe für 3.000 wildlebende SamtpfotenTierschutzstadtrat Czernohorszky und Tierschutzombudsfrau Persy übergeben neue Fallen an Streunerkatzenprojekt Wien.Beitrag lesen...
Lebensgefahr für Katzen: Vorsicht vor Fenstersturz!TOW gibt Tipps für die richtige Sicherung von Fenster und Balkon für KatzenhalterInnen - mit Video-Anleitung "Die perfekte Katzenstube".Beitrag lesen...
Auf zwei Beinen und vier Pfoten die Stadt entdeckenTierschutzombudsstelle Wien gibt Tipps für abwechslungsreiche Spaziergänge durchs winterliche Wien.Beitrag lesen...