11.10.2021 | Erneut sorgt ein tragischer Fall von Animal Hoarding in Wien für Schlagzeilen: 38 Katzen aller Altersstufen konnten aus einer verlassenen Messie-Wohnung von den Behörden gerettet werden. Die Tiere sind in einem extrem schlechten Zustand und befinden sich nun in der Obhut des TierQuarTier Wien. Die Tierschutzombudsstelle Wien (TOW) befasst sich schon lange mit dem Phänomen des "Tiersammelns" und weiß: Menschen, die Tiere horten, sind psychisch krank. Ohne eine entsprechende Behandlung werden die Betroffenen immer wieder zu Tiersammlern.
Der Begriff Animal Hoarding ist die englische Bezeichnung für das Horten von lebenden Tieren. Die Betroffenen halten Tiere in einer großen Anzahl, können diese aber nicht (mehr) angemessen versorgen. Animal Hoarder erkennen nicht, dass es den Tieren in ihrer Obhut schlecht geht. Sie selbst sehen sich mitunter sogar als Retter, weil sie kein Tier abweisen und allen "helfen", dabei ist das Leid der Tiere unbeschreiblich groß.
In Wien kommt es immer wieder zu Meldungen von Animal Hoarding-Fällen. 2020 gab es in Wien sechs Fälle, in denen die Behörden tätig wurden. Betroffen sind meist Hunde und Katzen, aber auch Kleintiere wie Meerschweinchen oder Ratten. Die Zustände, die in solchen Haushalten herrschen, sind unbeschreiblich. Manchmal sind Unrat und Exkremente so angehäuft, dass auf den ersten Blick gar nicht ersichtlich ist, um wie viele Tiere es sich überhaupt handelt.
Weil der Mieter einer kleinen Wohnung in Wien Landstraße mehrere Tage lang nicht aufgetaucht war, hatte der Vermieter die Behörden informiert. Denn er befürchtete, dass die zwei Katzen des Bewohners unversorgt in der Wohnung zurückgeblieben waren. Als die Behörden die Tür öffneten, bot sich ihnen ein grauenvolles Bild: Der gesamte Boden der Wohnung war mit Urin, Kot und Erbrochenem der Katzen beschmutzt. Die kleine Dusche hatte einer der Katzen offensichtlich kurz zuvor noch als Geburtsstätte gedient.
In stundenlanger Arbeit konnte die Tierrettung der Stadt Wien schlussendlich die 38 Katzen aller Altersstufen aus den furchtbaren Haltungsbedingungen bergen. Ein neugeborenes Kitten – die Nabelschnur hing noch am kleinen Körper – haben die Hilfskräfte leider bereits verstorben vorgefunden. Alle anderen Samtpfoten wurden umgehend ins TierQuarTier Wien gebracht und tierärztlich versorgt.
Alle Katzen wiesen einen schlechten Ernährungszustand auf, einige der Vierbeiner waren bereits stark abgemagert, dehydriert und verletzt. Beinahe alle Stubentiger hatten abgebrochene Zähne, was vermutlich vom Anknabbern der Möbelstücke und des Mülls aus reiner Hungersnot herrührte. Man muss davon ausgehen, dass die Regeneration der schwachen Samtpfoten mehrere Wochen bis Monate in Anspruch nehmen wird, bevor sie auf neue Plätze vermittelt werden können. Nachdem alle Katzen unkastriert waren, ist zu befürchten, dass weiterer Nachwuchs unterwegs ist.
Aus einer Befragung zum Thema Animal Hoarding bei österreichischen Amtstierärzt*innen, die im Rahmen einer von der TOW geförderten wissenschaftlichen Arbeit durchgeführt wurde, weiß man, dass in Österreich betroffene Personen im Durchschnitt 41 Tiere halten. Die Mehrzahl der krankhaften Tiersammler*innen ist weiblich und über 40 Jahre alt. Rund zwei Drittel der Animal Hoarder leben alleine. In nahezu 80 Prozent der Fälle brauchen die Tiere dringend medizinische Betreuung. Weil sich die Tiersammler*innen meist abschotten und zurückgezogen leben, ist es oftmals schwierig, Fälle von Animal Hoarding rechtzeitig zu erkennen.
Der Deutsche Tierschutzbund hat eine Checkliste erstellt, mit der Animal Hoarding erkannt werden kann. Demnach handelt es sich um einen beginnenden Fall von krankhaftem Tierhorten, wenn die folgenden drei Punkte zutreffen:
Wichtig ist, dass auch das Umfeld, also Verwandte und Bekannte der betroffenen Person, das Problem als solches erkennen und nicht als aus dem Ruder gelaufenes Hobby abtun.
Wenn Sie einen Verdacht auf Animal Hoarding haben, können Sie diesen bei der Stadt Wien – Veterinäramt und Tierschutz (MA 60) unter Tel. 01-4000 8060 melden oder auch anonym bei der Tierschutzombudsstelle Wien unter Tel. 01-318 00 76 75079.
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