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Bestätigung der Ruhezeiten- und Hitzefrei-Regelungen für Fiakerpferde

Rechtsbereich: Öffentliches Recht
Kategorie: Nutztiere
Behörde/Gericht: Verfassungsgerichtshof
Geschäftszahl: G 347/2016-8
Entscheidungsdatum: 26.09.2017

Sachverhalt


Im Jahr 2016 wurde durch die Novelle LGBl. 2016/34 das Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz insofern geändert, als der Betrieb von Fiaker- und Pferdemietwagen nur mehr zwischen 10:00 und 23:00 Uhr (ausgenommen bestellte Fahrten) und das Auffahren auf Stellplätze nur mehr zwischen 11:00 und 22:00 Uhr zulässig ist. Außerdem darf ein Zugpferd nach der neuen Regelung nur mehr an 18 Tagen im Monat eingesetzt werden und ab 35° Celsius sind Rundfahrten sowie bestellte Fahrten für den restlichen Tag unzulässig.

Eine Fiakerunternehmerin sah sich durch diese Regelungen in ihren Grundrechten verletzt (Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz) und beantragte beim Verfassungsgerichtshof (VfGH), diese Bestimmungen als verfassungswidrig aufzuheben.

Entscheidung

Neben den behaupteten Grundrechtsverletzungen hatte der VfGH auch zu prüfen, ob das Land Wien derartige Regelungen überhaupt treffen durfte, da die Gesetzgebung in Tierschutzangelegenheiten grundsätzlich Bundessache ist (Art 11 Abs 1 B-VG). Zur Beurteilung dieser Frage zog der VfGH die Entstehungsgeschichte und Systematik des Tierschutzrechts sowie insbesondere die Verfassungsbestimmung in § 1 Abs 3 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz heran. Diese sieht – sinngemäß – vor, dass alle Angelegenheiten der Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die durch die Kraft von Tieren bewegt werden (zB Fiaker), nach Art 15 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache sind.

Nach Ansicht des VfGH verfolgen die Einschränkung der Betriebszeiten und die Einführung eines Betriebsverbots bei zu großer Hitze das Ziel, die Sicherheit beim Betrieb von Fiakerunternehmen zu gewährleisten und betriebstypische Gefahren zu minimieren. Diese Absicht sei jedenfalls von der Landeskompetenz in § 1 Abs 3 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz gedeckt, die ja die Regelung von Sachverhalten betreffend den Einsatz von Tieren im Rahmen von Fahrzeugen, die mit der Kraft von Tieren bewegt werden, umfasse. Ein Verstoß gegen das gegenseitige Rücksichtnahmegebot von Bund und Länder konnte nicht erkannt werden.

Zu den behaupteten Grundrechtsverletzungen führte der VfGH Folgendes aus: Die angefochtenen Bestimmungen dienen dem Schutz der beim Fiakerbetrieb eingesetzten Pferde, der Vermeidung von Gefahrensituationen im Straßenverkehr (durch den Einsatz übermüdeter oder geschwächter Tiere) sowie dem Lärmschutz und verfolgen somit eindeutig Ziele im öffentlichen Interesse. Sie seien auch geeignet dem Schutz dieser öffentlichen Interessen zu dienen. Weiters seien die Regelungen verhältnismäßig und sachlich gerechtfertigt, da die Nachteile für die Unternehmer durch die Einschränkung die Betriebszeiten weniger schwer wiegen als die dadurch erreichten Vorteile für die Gesundheit der Tiere, die Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer und die Verbesserung des Lärmschutzes.

Die Änderungen des Wiener Fiaker- und Pferdemietwagen-Gesetzes stellen somit nach Ansicht des VfGH zulässige Grundrechtsbeschränkungen dar und sind auch aus kompetenzrechtlicher Sicht verfassungskonform. Der Antrag auf deren Aufhebung wurde daher abgewiesen.

Die vollständige Entscheidung finden Sie hier.