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Ausführungen zu Haltereigenschaft, Doppelbestrafungsverbot und Tierquälerei in der Pferdehaltung

Rechtsbereich: Öffentliches Recht
Kategorien: Tierquälerei, Nutztiere
Behörde/Gericht: Verwaltungsgerichtshof
Geschäftszahl: 2007/05/0125; 2007/05/0128
Entscheidungsdatum: 29.04.2008

Sachverhalt


Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft (BH) Bregenz wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, gegen das Verbot der Tierquälerei verstoßen zu haben. Er hatte Obst und Gemüse, das im Einkaufsmarkt als unverkäuflich aussortiert wurde, an Pferde verfüttert. Dieses Futter sei einfach auf die Koppeln geworfen worden, wodurch es zum Teil in gefrorenem Zustand aufgenommen wurde. Da die Pferde auch keinen Unterstand hätten, sei das Futter der Witterung ausgesetzt gewesen und damit nicht mehr adäquat. Durch diese Art der Fütterung könne es zu Fehlgärungen im Darm und zu schmerzhaften Koliken oder Koliksyndromen kommen. Nach Angabe des Beschwerdeführers seien in letzter Zeit drei Kleinpferde verstorben. Es wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von € 2.500,-- wegen Übertretung des § 5 Abs 2 Z 11 Tierschutzgesetz (TSchG) verhängt. Nach dieser Bestimmung ist es verboten einem Tier Nahrung oder Stoffe vorzusetzen, mit deren Aufnahme für das Tier offensichtlich Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst verbunden sind.

In einem zweiten Straferkenntnis der BH wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, als Halter die Unterbringung, Ernährung und Betreuung der Tiere in einer Weise vernachlässigt zu haben, die für die Tiere mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden waren oder diese in schwere Angst versetzte. Die Pferde wurden ohne Unterstand sowie ohne trockene und weiche Liegefläche gehalten. Auch stand kein Trinkwasser zur Verfügung. Der Futterplatz war mit Dachziegelschutt aufgeschüttet worden, so dass den Tieren das Stehen auf diesem Untergrund schmerzen bereitete. Es wurde eine Geldstrafe von € 3.000,-- wegen Übertretung des § 5 Abs 2 Z 13 TSchG verhängt. Nach dieser Bestimmung ist es untersagt die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines gehaltenen Tieres in einer Weise zu vernachlässigen, die für das Tier mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt.

Gegen beide Straferkenntnisse erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) Vorarlberg. Er brachte vor, dass der Reitverein „Da Capo“ - und nicht er selbst - Halter der Tiere sei. Es gäbe Pflegevereinbarungen des Vereins mit verschiedenen Mitgliedern. Der UVS entschied, dass der Beschwerdeführer sehr wohl als Halter iSd TSchG anzusehen sei, da aus der Sachlage hervorgehe, dass er die Tiere in seiner Obhut hatte. Auch sei er Ansprechpartner bei Kontrollen gewesen und habe überwiegend die Fütterung der Tiere vorgenommen. Der UVS führte aus, da die Pferde das Futter mengenmäßig unkontrolliert hätten fressen können, sei der Eintritt negativer Folgen möglich gewesen. Es müsse auch davon ausgegangen werden, dass den Pferden Schmerzen und Leiden zugefügt worden seien, da das Stehen ausschließlich auf dem Gelände möglich war, welches mit Dachziegelschutt aufgeschüttet worden sei. Den Berufungen des Beschwerdeführers wurde nur insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe für beide Fälle auf je € 1.500,-- herabgesetzt und die Tatvorwürfe abgeändert wurden.

Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Entscheidungen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Entscheidung

Wegen des sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhangs beschloss der VwGH, beide Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden.

Zum erstangefochtenen Bescheid betreffend die nicht artgerechte Fütterung der Tiere hielt der VwGH einleitend fest, dass ein Verstoß gegen § 5 Abs 2 Z 11 TSchG nur dann vorliege, wenn es sich um die Verfütterung von Nahrung oder Stoffen handle, bei denen für die Tiere unerwünschte Folgewirkungen offensichtlich für jedermann deutlich erkennbar seien. Verboten sei somit nicht die Fütterung aller Nahrungsmittel, die geeignet sind unerwünschte Folgen auszulösen, sondern nur jener Nahrungsmittel, die für jedermann erkennbar die verpönten Wirkungen nach sich ziehen. Neben dem Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit sei es auch erforderlich, dass die Fütterung tatsächlich zu Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst geführt habe.

Nach Ansicht des VwGH sei der UVS der Frage, ob die mangelhafte Fütterung und ihre Folgen offensichtlich für den Beschwerdeführer erkennbar waren und ob die Tiere durch die Fütterung tatsächlich Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden mussten, jedoch nicht ausreichend nachgegangen, da entsprechende Sachverhaltsfeststellungen fehlen.

Zum zweitangefochtenen Straferkenntnis hielt der VwGH unter Hinweis auf die Erläuterungen fest, dass gemäß § 4 Z 1 TSchG jener als Halter anzusehen sei, der ständig oder vorübergehend für ein Tier verantwortlich ist oder es in seiner Obhut hat. Der Halter eines Tieres müsse nicht mit dem Eigentümer ident sein. Aus dem Sachverhalt ergebe sich deutlich, dass der Beschwerdeführer die Tiere in seiner Obhut hatte. Daran ändere auch der Einwand des Beschwerdeführers nichts, dass er nur Reitlehrer auf dem Gehöft gewesen sei. Es war ihm somit verboten, die Unterbringung, Ernährung und Betreuung der Tiere iSd § 5 Abs 2 Z 13 TSchG zu vernachlässigen. Zum Einwand des Beschwerdeführers, den Tieren sei durch die konkrete Unterbringung keine Schmerzen oder Schäden zugefügt worden führte der VwGH aus, dass sich aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens vor dem UVS die Mangelhaftigkeit der Unterbringung, des Bodenbelags und der Wasserversorgung klar ergeben habe. Den diesbezüglichen Ausführungen des Amtssachverständigen sowie dem Gutachten des veterinärmedizinischen Sachverständigen sei vom Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten worden.

Weiters hielt der VwGH fest, dass aus dem Umstand, dass die Pferde zwei Tage nach der Kontrolle bei bester Gesundheit aufgefunden wurden, nicht geschlossen werden könne, dass die Tiere zwei Tage zuvor unter anderem durch den Wassermangel keine Schmerzen oder Leiden erlitten haben.

Der Beschwerdeführer wandte auch ein, dass das gerichtliche Verfahren wegen Verdachts auf Tierquälerei nach § 222 Strafgesetzbuch (StGB) eingestellt wurde. Es sei daher aufgrund des Doppelbestrafungsverbots unzulässig ein Verwaltungsstrafverfahren in derselben Sache zu führen. Hierzu stellte der VwGH fest, dass nur eine verurteilende Entscheidung durch das Strafgericht zur selben Angelegenheit für die Verwaltungsstrafbehörde bindend sei. Bei einem Freispruch oder bei Einstellung des Verfahrens durch das Strafgericht müsse die Verwaltungsstrafbehörde selbständig prüfen, ob sie für die Ahndung zuständig sei. Der UVS hätte daher – ungeachtet der Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens – selbst prüfen müssen, ob die vorgeworfene Tat den Tatbestand des § 222 StGB erfülle. Bejahendenfalls hätte aufgrund der Subsidiaritätsklausel in § 38 Abs 7 TSchG keine Verwaltungsübertretung nach dem TSchG vorgelegen.

Da der UVS diese Prüfung unterlassen hat, war der Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und wurde vom VwGH aufgehoben.

Die vollständige Entscheidung finden Sie hier.