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Rechtsbereich: Öffentliches Recht
Kategorien: Nutztiere, Tierquälerei
Behörde/Gericht: Verfassungsgerichtshof
Geschäftszahl: B3028/97
Entscheidungsdatum: 17.12.1998
Der Beschwerdeführer hatte 26 Stück Schafe an türkische Staatsangehörige verkauft und wusste, dass diese die Tiere ohne Betäubung vor dem Blutentzug auf seinem Grundstück schlachten werden. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft (BH) wurde gegen den Beschwerdeführer daher eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- wegen Beihilfe zur im Vorarlberger Tierschutzgesetz (Vbg TierschutzG) verbotenen Schächtung verhängt. Nach erhobener Berufung wurde dieses Straferkenntnis durch den Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) Vorarlberg bestätigt.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die Beschwerde des Beschwerdeführers an den Verfassungsgerichtshof (VfGH), wegen Verletzung seines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz.
Der VfGH wies darauf hin, dass das Verbot der rituellen Schächtung zwar nicht ausdrücklich im Vbg TierschutzG normiert sei, der dort verankerte Betäubungszwang jedoch einem solchen Verbot gleichkomme.
Auch stellte er fest, dass es bereits ein Erkenntnis des VfGH gebe, wonach die Schächtung von Tieren zum rituellen Gebrauch des israelitischen Kults gehöre. Die Schächtung als religiöser Brauch sei damit als Teil der Religionsausübung von der Religionsfreiheit umfasst. Es komme dabei nicht darauf an, ob eine solche Praxis auf einer zwingenden religiösen Vorschrift beruhe. Nicht nur rituelle Vorgänge, sondern auch bloß religiöse Gebräuche seien von diesem Grundrecht umfasst. Entscheidend sei, dass es sich nicht bloß um eine von einer Einzelperson behauptete oder vorgeschobene, sondern um eine tatsächliche Übung eines bestimmten Glaubens oder Bekenntnis handle, die sich aus der gemeinsamen religiösen Übung herausgebildet habe. Dies sei hinsichtlich des Schächtens unbestritten. Weiters verwies der VfGH auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (15 Os 27, 28/96) in der ebenfalls festgestellt wurde, dass die Schächtung als religiöser Brauch von der Religionsfreiheit mitumfasst sei.
Betreffend den Meinungsstreit, ob eine rituelle Schächtung auch mit vorangegangener Betäubung durchgeführt werden kann, stellte der VfGH fest, dass es auf Grund der Autonomie der Religionsgemeinschaften nicht Aufgabe eines staatlichen Organs – so auch nicht eines Höchstgerichts – sei, einen solchen Lehrenstreit innerhalb einer Religionsgemeinschaft zu entscheiden. Auch dürfe es für den Schutz der Übung der Religionsfreiheit nicht darauf ankommen, ob innerhalb der anerkannten Religionsgemeinschaft eine einheitliche Auffassung über die Modalitäten des Brauchs bestehe.
Zur Frage der Möglichkeit der Einschränkung der Religionsfreiheit hielt der VfGH fest, dass eine solche nur dann in Frage komme, wenn dies gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten notwendig sei. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall jedoch nicht gegeben. Der VfGH übersehe dabei nicht, dass der Tierschutz im Zuge des Wertewandels ein bedeutendes öffentliches Interesse geworden sei. Jedoch habe dies kein gegenüber der Religionsfreiheit durchschlagendes Gewicht. Auch wurzle dieser jahrtausendealte Ritus des Schächtens nicht in einer gleichgültigen und aggressiven Haltung gegenüber Tieren. Vielmehr werde sogar auf die bestmögliche Vermeidung von Schmerzen, Leiden und Angst Wert gelegt. Das Gesagte gelte auch für die Abwägung im Zusammenhang mit den guten Sitten. Eine Einschränkung der Religionsfreiheit durch das Verbot der Schächtung sei daher verfassungsrechtlich nicht gedeckt.
Beim Beschwerdeführer handle es sich weder um einen Anhänger des mosaischen Glaubens noch des Islams, weswegen er die Religionsfreiheit für sich nicht geltend machen könne. Da aber das Schächten nach dem oben Gesagten keine taugliche Haupthandlung darstelle, könne sich der Beschwerdeführer auch nicht als Beitragstäter strafbar machen. Durch eine Bestrafung habe die Behörde Willkür geübt und somit das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Beschwerdeführers auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt. Der Bescheid wurde aufgehoben.
Die vollständige Entscheidung finden Sie hier.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 15 Os 27, 28/96 vom 28.03.1996 finden Sie hier.