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Kein Ersatz von Schockschäden bei Tötung von Hunden aufgrund eigener Fahrlässigkeit

Rechtsbereich: Zivilrecht
Kategorie: Heimtiere
Behörde/Gericht: Oberster Gerichtshof
Geschäftszahl: 10 Ob 3/20v
Entscheidungsdatum: 18.02.2020

Sachverhalt


Auf einem Güterweg in Niederösterreich kam es zwischen der Klägerin, die einen Yorkshire Terrier und einen Havaneser an einer Flexileine führte und dem Beklagten, der seine zwei ausgebildeten Jagdhunde der Rasse Weimaraner an einer Jagdleine führte, die an ihrem Ende in eine jeweils 50cm lange Spaltleine mündete, zu einer verbalen Auseinandersetzung. Während die Hunde des Beklagten sich auf sein Kommando neben ihm auf den Boden legten, sprangen die Hunde der Klägerin an der Flexileine unkontrolliert herum. Keiner der vier Hunde trug einen Beißkorb. Als der Beklagte die Diskussion beenden und mit seinen Hunden weitergehen wollte, sprangen die Hunde der Klägerin bellend auf ihn und seine Hunde zu. Daraufhin wurden den beiden Hunden der Klägerin von den zwei Jagdhunden des Beklagten derart schwere Bissverletzungen zugefügt, dass diese eingeschläfert werden mussten.

Das Begehren der Klägerin auf € 15.000 Schockschmerzengeld wurde vom Erstgericht (Bezirksgericht Schwechat) abgewiesen. Die Klägerin treffe das Verschulden, da sie es nicht verhindert habe, dass ihre sich aggressiv verhaltenden Hunde zu den Hunden des Beklagten hinlaufen konnten.
Das Berufungsgericht (Landesgericht Korneuburg) gab dem Klagebegehren dem Grunde nach zur Hälfte Recht. Es kam zu dem Schluss, dass keine der beteiligten Parteien den Anforderungen des Niederösterreichischen Hundehaltegesetzes entsprochen habe. Dieses sieht nämlich vor, dass Hunde an öffentlichen Orten, wie dem Unfallort, an der Leine oder mit Maulkorb zu führen sind. Werden Hunde an der Leine geführt, sind diese so zu führen, dass eine jederzeitige Beherrschung der Tiere gewährleistet ist. Da dies unterlassen wurde, wurden die Anforderungen an den Tierhalter im Sinne des § 1320 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) von beiden Parteien nicht erfüllt. Das Verschulden treffe sowohl die Klägerin als auch den Beklagten zu gleichen Teilen.

Entscheidung

Die beklagte Partei legte gegen das Urteil des Berufungsgerichtes beim Obersten Gerichtshof (OGH) Revision ein. Die Revision befasste sich ausschließlich mit der Frage nach der Haftung für Schockschäden bei Verlust eines Tieres und ließ die Frage nach dem Verschulden völlig unberührt.

In seiner Entscheidung führte der OGH einleitend die allgemeinen Erfordernisse für den Zuspruch von Schockschmerzengeld aus. Demnach stehe demjenigen Ersatz zu, dessen naher Angehöriger getötet oder schwerst verletzt  wurde und der dadurch einen Schock erlitten hat, der zu einer psychischen Beeinträchtigung mit Krankheitswert geführt hat. Durch den erlittenen Nervenschaden werde die geschockte Person in ihrem absoluten geschützten Recht auf körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt. Die Haftung dürfe aber nicht unzumutbar ausgeweitet werden, daher müsse  die Verletzungshandlung gegenüber dem Angehörigen in hohem Maß geeignet erscheinen einen Schockschaden herbeizuführen. Auch der Begriff des Angehörigen dürfe nicht zu weit gefasst werden. In der Regel würden von den Gerichten jedenfalls Eltern bzw Kinder sowie Ehegatten und Lebensgefährten als Angehörige anerkannt. Bei den bisher vom OGH zu entscheidenden Fällen sei eine Haftung des Schädigers für Schockschäden bei Verlust eines Tieres noch nicht anerkannt worden. Auch die österreichische Literatur sehe die Sorge um ein Tier als Schockursache überwiegend als nicht ausreichend an. Gerichte in erster und zweiter Instanz hätten in Einzelfällen Schmerzengeld bei der Tötung von Haustieren zuerkannt. In Deutschland lehne zwar der Bundesgerichtshof einen Schadenersatz für einen Schockschaden aufgrund der Tötung oder Verletzung eines Tieres ab. Die deutsche Literatur sei jedoch uneins in dieser Frage.

Abschließend hielt der OGH fest, dass es nicht völlig auszuschließen sei, dass in speziellen Fällen Anspruch auf Schockschmerzengeld bestehen könne. So habe sich der Stellenwert von Haustieren, die manchmal menschliche Bezugspersonen ersetzen (müssen), sowie die Emotionalisierung der Mensch-Haustier-Beziehung in der Wahrnehmung der Gesellschaft verändert. Auch das Verständnis für psychische Belastungsreaktionen, die durch die Tötung des geliebten Haustieres hervorgerufen werden, würde in der Allgemeinheit auf mehr Verständnis stoßen. Dennoch dürften die Zurechnungselemente auf Seiten des Schädigers, hier insbesondere das Wissen um die Intensität der Mensch-Haustier-Beziehung und damit die Eignung eines Unfallgeschehens, zu einem Schockereignis zu führen, nicht überstrapaziert werden.

Der konkrete Anlassfall sei jedenfalls nicht geeignet die restriktive Rechtsprechung und Literatur zu überdenken. Die Klägerin habe den Angriff auf ihre beiden Hunde selbst provoziert, indem sie sie unkontrolliert an langen Flexileinen bellend auf den Beklagten und seine beiden, sich zunächst diszipliniert zeigenden Hunde losspringen ließ. Erst dieses Verhalten löste die Reaktion der Hunde des Beklagten aus. Die Gefährlichkeit der Situation lag somit im Verhalten der Klägerin. Der erlittene Schockschaden wurde ihr daher nicht rechtswidrig zugefügt und war somit das abweisende Urteil des Erstgerichts wieder herzustellen.

Die vollständige Entscheidung findet sich hier.