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Haftung wegen einer tödlichen Kuhattacke auf einer Tiroler Alm

Rechtsbereich: Zivilrecht
Kategorien: Heimtiere, Nutztiere
Behörde/Gericht: Oberster Gerichtshof
Geschäftszahl: 5Ob168/19w
Entscheidungsdatum: 30.04.2020

Sachverhalt


Der Beklagte führte auf einer Tiroler Alm einen Mutterkuhbetrieb. Bei der Mutterkuhhaltung ist der Mutterinstinkt der Kühe deutlich stärker ausgeprägt als in der Milchviehhaltung. Auseinandersetzungen kommen insbesondere zwischen Hunden und Mutterkühen vor, weil Hunde aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Wölfen von Rindern als akute Bedrohung für ihre Jungtiere gesehen werden. Die Kühe des Beklagten konnten sich im gesamten Almgebiet grundsätzlich frei bewegen. Entlang des Almgebietes führende Wanderwege wurden nicht mittels Zäunen von dem Weidegebiet abgetrennt. Elektrozäune waren jedoch in manchen Bereichen aufgestellt, um ein Eindringen fremder Rinder in das Almgebiet zu verhindern und ein Quellschutzgebiet zu schützen. Auch im Bereich eines viel frequentierten Gasthauses und angrenzendem Spielplatz, in deren Nähe sich die Kühe die meiste Zeit aufhielten, war eine Sicherung mittels Elektrozaun vorhanden.

Im Jahr 2014 waren die Kühe des Beklagten vor allem, wenn sich Hunde in der Nähe befanden, besonders unruhig und aggressiv. Der Beklagte wusste um die erhöhte Aggressivität und dass die um das Weidegebiet liegenden Wege von Wanderern regelmäßig genutzt wurden. Der Beklagte hatte daher gut sicht- und lesbar folgenden Warnhinweis angebracht: „Achtung Weidevieh! Halten Sie unbedingt Distanz – Mutterkühe schützen ihre Kälber – Betreten und Mitführen von Hunden nur auf eigene Gefahr“.

Eine Frau ging im Juli 2014 mit ihrem Hund an den für sie wahrnehmbaren Warntafeln in gegenständlichem Weidegebiet vorbei. Ihren Hund führte sie mit einer 2,5 m langen Leine, die sie um die Hüfte geschlungen und mit einem Karabiner fixiert hatte. Nachdem sie das Gasthaus passiert hatte, ging sie in 1 bis 2 m Entfernung an der Herde des Beklagten vorbei. Die Kühe wurden unruhig, verfolgten sie und kreisten sie von hinten kommend ein. Daraufhin wurde die Hundehalterin von den Kühen mit den Hörnern gestoßen, in die Luft geworfen und vom Weg abgedrängt. Da der Angriff so schnell von statten ging, war es ihr nicht mehr möglich die Leine von ihrer Hüfte zu lösen. Aufgrund massiver Gewalteinwirkung durch diese Attacke, verstarb sie noch vor Ort.

Die Kläger (der Witwer und der Sohn der Verstorbenen) vertraten den Standpunkt, den Beklagten treffe das Alleinverschulden, weil er seine Pflichten als Tierhalter iSd § 1320 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) verletzt habe. Aus dem Titel des Schadenersatzes begehrten sie jeweils den Zuspruch einer Hinterbliebenenrente und die Zahlung von Schmerzengeld.

Das Erstgericht gab den Klägern recht, das Berufungsgericht stellte ein gleichteiliges Mitverschulden der Verstorbenen fest, nach welchem der Beklagte gegenüber beiden Klägern nun zur Hälfte des ursprünglichen Anspruchs hafte. Sowohl die Kläger als auch der Beklagte und dessen Nebenintervenientin (Seilbahnbetreiberin) wandten sich daraufhin an den Obersten Gerichtshof (OGH).

Entscheidung

Der OGH wies die außerordentlichen Revisionen der Kläger, des Beklagten und der Nebenintervenientin mangels Notwendigkeit der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage zurück und nahm zu ihnen wie folgt Stellung:

Revision Beklagter

Den Beklagen treffe als Tierhalter die Verantwortung seine Tiere so zu verwahren und zu beaufsichtigen, dass Schäden Dritter möglichst vermieden werden. Welche Maßnahmen für eine ordnungsgemäße Verwahrung im Einzelnen notwendig sind, richte sich nach den dem Tierhalter bekannten oder erkennbaren Eigenschaften der Tiere und den jeweiligen Umständen. Maßgeblich seien etwa die Gefährlichkeit der Tiere, die Möglichkeit der Schädigung durch das spezifische Tierverhalten und eine Abwägung der betroffenen Interessen. Je größer die Gefährlichkeit des Tieres, desto größere Sorgfalt sei aufzuwenden. Die Anforderungen an die Beaufsichtigung und Verwahrung dürfen aber auch nicht zu hoch sein.

Nach Ansicht des OGH in vergangenen Verfahren bestehe grundsätzlich keine Verpflichtung einen Weg, der durch ein Weidegebiet führt, durch Zäune vom Weidegebiet abzugrenzen. Dies beruhe auf der Prämisse, dass Kühe im Allgemeinen keine Gefahr für den Menschen sind. Sollte dem Tierhalter bewusst sein, dass dies für seine Tiere nicht zutrifft, komme diese allgemeine Aussage nicht zur Anwendung und eine Verpflichtung zur Abgrenzung der Weidegebiete von den Wanderwegen sei möglich.

Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte nach Ansicht des Berufungsgerichts seine Sorgfaltsverpflichtung verletzt. Dem Beklagten sei bewusst gewesen, dass seine Mutterkühe sensibel und aggressiv auf Hunde reagieren und es war bereits in der Vergangenheit zu Zwischenfällen mit Wandersleuten und ihren Hunden gekommen. Auf die von seinen Tieren ausgehende (Lebens-)Gefahr habe der Beklagte nicht ausreichend durch geeignete Vorkehrungsmaßnahmen reagiert. So wäre dem Beklagten etwa die Abgrenzung des Weidegebiets entlang des viel von Wanderern frequentierten Weges mittels Elektrozaun zumutbar gewesen. Das Aufstellen von Warnschildern war nicht ausreichend.

Revision Kläger

Zur Revision der Klagsseite führte der OGH aus, dass ein Mitverschulden weder ein Verschulden noch eine Rechtswidrigkeit des Verhaltens erfordere. Es genüge vielmehr die Sorglosigkeit der Verletzten gegenüber ihrer eigenen Gesundheit. Die verstorbene Hundehalterin hätte wissen müssen, dass Mutterkühe für Hunde und ihre Halter gefährlich sein können. Zudem wurde sie durch die Warnschilder vor der Gefährlichkeit der Kühe gewarnt und habe sich nicht an die Handlungsanweisung (Achten auf Distanz) gehalten. Außerdem hätte sie die Leinenführung ihres Hundes so gestalten müssen, dass sie sich vom primären Angriffsziel (dem Hund) rechtzeitig hätte lösen können. Die Verstorbene hätte ein Weitergehen zumindest vorübergehend einstellen, den Gasthof aufsuchen und/oder sich des Shuttle-Dienstes bedienen können.

 

Die vollständige Entscheidung finden Sie hier