Stadttaubenkonzept der Tierschutzombudsstelle Wien
09.02.2019 | Tauben gehören mittlerweile zu Wien wie das Riesenrad und die Sachertorte. Manche hassen sie, manche lieben sie. Dass Füttern jedoch falsch verstandene Tierliebe ist, wissen die Wenigsten. Die Tierschutzombudsstelle Wien klärt auf.
Tauben sind faszinierende Tiere! Viele Jahrtausende hindurch hat der Mensch sie in Ehren gehalten. Die Taube war Symboltier der antiken Fruchtbarkeits- und Liebesgöttinnen in Mesopotamien, Griechenland und im Römischen Reich, steht in der christlichen Gedankenwelt für den Heiligen Geist und brachte Noah am Ende der Sintflut einen Olivenzweig. Sie symbolisiert damit die Versöhnung zwischen Gott und den Menschen.
Tauben wurden seit jeher vom Menschen in vielfacher Weise genutzt und daher auch geschätzt und geliebt. Als Nahrungslieferanten, als Nachrichtenübermittler oder schlicht wegen ihrer Schönheit. Sie wurden und werden als Hobbytiere in unterschiedlichsten Farben und Formen gezüchtet.
Anders sieht es mit den Tauben auf unseren Straßen aus. Sie stammen zwar allesamt von Haustauben ab, haben aber als Anpassung an die wilde Lebensweise wieder das graue Federkleid ihrer Urahnen, der Felsentauben angenommen. Durch das massive Futterangebot in der Stadt nahm ihre Zahl über lange Zeit stark zu, wodurch sie an manchen Stellen zur Belästigung wurden. Ihr Image verschlechterte sich.
Straßentauben polarisieren. Taubenhasser und Taubenfreunde stehen einander unversöhnlich gegenüber. In diesem Spannungsfeld verfolgt die Tierschutzombudsstelle Wien ein mehrschichtiges Konzept. Das Engagement auf allen genannten Ebenen soll das Zusammenleben von Menschen und Tauben verbessern und den Tieren selbst helfen.
FUTTERREDUKTION - bitte die Tauben nicht füttern
Taubenfüttern ist falsch verstandene Tierliebe! So absurd es auf den ersten Blick erscheinen mag. Die wichtigste Maßnahme, auch zum Wohle der Tauben, ist es, das Füttern zu unterlassen.
Tauben, die nicht gefüttert werden, sind in kleinen Familienverbänden auf Futtersuche. Sie sind stets in Bewegung, sehr mobil und stören niemanden. Sie sind selbständig und ausgesprochen anpassungsfähig. Tauben, die regelmäßig gefüttert werden, sitzen dagegen in Hundertschaften immer nur an derselben Stelle und warten auf die nächste Futterlieferung. Die Jungtiere lernen nie, aktiv Futter zu suchen. Sie werden vom Menschen völlig abhängig und fristen ein unwürdiges Dasein.
Durch das massive Füttern haben sich die Taubenbestände in den letzten Jahrzehnten stark vermehrt. Gleichzeitig sind durch Altbausanierungen und Dachbodenausbauten immer mehr geeignete Nistplätze verloren gegangen. Dieses Missverhältnis schafft für die Tauben große Probleme. Es verschärft ihre Lebensbedingungen und erhöht den innerartlichen Konkurrenzkampf.
TAUBENABWEHR tierschutzgerecht gestalten
Dort wo Tauben in größeren Gruppen auftreten, können sie zur Belästigung werden. Um Innenhöfe oder Gebäude vor ihnen zu schützen, erfolgt die Montage von Abwehreinrichtungen wie Netzen oder Spikes. Diese müssen so beschaffen sein, dass die Tiere nicht zu Schaden kommen. Abwehreinrichtungen, insbesondere die Netze, sind regelmäßig auf Intaktheit zu überprüft, da sie sonst zu Taubenfallen werden.
BRUTPLÄTZE schließen
Tauben drängen sich an den Brutplätzen oft zu hunderten dicht an dicht. Dies führt zu katastrophalen hygienischen Bedingungen für die Küken, viele von ihnen sterben schon bevor sie das Nest überhaupt verlassen können. Es ist wichtig, dass solche Massenbrutstätte erkannt und geschlossen werden.
TAUBENSCHLÄGE als Ausweichquartiere für Stadttauben
Werden Massenbrutplätze geschlossen, verlieren viele Tauben ihren angestammten Nistplatz und weichen dann auf die umliegenden Wohngebäude aus. Bei ihrer Suche nach neuen Nistmöglichkeiten sind sie sehr aggressiv. Sie dringen in Stiegenhäuser und sogar über offene Fenster und Balkontüren in Wohnungen ein. Für diese Tauben macht es Sinn, noch vor dem Verschluss des Brutslums in unmittelbarer Nachbarschaft einen Taubenschlag aufzustellen und die Tauben dort gezielt anzufüttern. Erfolgt dann die Schließung, nehmen die Tauben die alternative Nistmöglichkeit gerne an. Den Tauben ist geholfen und gleichzeitig werden sie nicht zur Plage für die Umgebung. Eine klassische WIN-WIN-Situation. Im Taubenschlag bekommen die Tiere Futter, Wasser und Nistmöglichkeiten. Die gelegten Eier werden gegen Kunststoffattrappen ausgetauscht.
BAUPLANUNG optimieren
Problemvermeidung ist immer besser und billiger als Problemsanierung. Daher sollten Nistmöglichkeiten für Tauben bereits bei der Planung von Neubauten vermieden werden.
HILFE für kranke und verletzte Tauben
In einer Großstadt wie Wien werden tagtäglich kranke oder verletzte Tauben gefunden. Doch wo gibt es fachkundige Hilfe? Die richtige Adresse dafür ist das Forstamt der Stadt Wien. Unter der Wildtier-Hotline 01-4000-49090 können kranke oder verletzte Tauben täglich (auch am Wochenende und an Feiertagen) von 7.30 bis 22 Uhr gemeldet werden.