Neue Wege für das Wildtiermanagement im Lainzer Tiergarten: zukunftsorientiert, tierschutzgerecht und ökologisch
19.01.2016 | Ursprünglich war der Lainzer Tiergarten kaiserliches Jagdrevier. Das hat dazu geführt, dass bis heute noch immer sehr viel Wild in diesem, von der historischen Tiergartenmauer umgrenzten, Raum lebt. Das ökologische Gleichgewicht zwischen dem Lebensraum und den darin lebenden Wildtieren soll wiederhergestellt werden. Um diesen neuen Weg im Wildtiermanagement auch rechtlich zu verankern, werden die Managementpläne für den Lainzer Tiergarten aktualisiert. Ziel ist ein Bestand von gesunden Tieren mit artgemäßem Altersklassenaufbau und artgemäßer Sozialstruktur.
Mit der Aktualisierung wird der Lainzer Tiergarten ein Musterbeispiel für ein multifunktionales Naturraum-Management, das von einem achtsamen Umgang mit Tieren und ihren Lebensräumen geprägt ist. Das Wildtiermanagement dient dem Naturschutz, dem Wohl der Tiere und dem Erhalt der Lebens- und Erholungsräume. Der Wildbestand wird nur dann reguliert, wenn es für die Erreichung der Naturschutzziele nötig ist (Ultima-Ratio-Jagd).
Vorgesehene Maßnahmen
Regulation des Wildbestands
- Schrittweise und kontinuierliche Reduktion des Bestands an Schwarz- und Rehwild auf ein lebensraumkonformes Niveau
- Orientiert an einem Monitoring-System, das anhand der Vegetationsentwicklung (zum Beispiel natürliche Waldverjüngung) anzeigt, ob das ökologische Gleichgewicht zwischen Wild und Lebensraum erreicht ist
- Auslaufenlassen des Rotwildbestands, für den der Lebensraum des Lainzer Tiergartens nicht geeignet ist (braucht größere und vor allem ungestörte Waldgebiete), und des Dam- und Muffelwildbestands, der im Lainzer Tiergarten nicht heimisch ist (wurde zur Kaiserzeit nur zu Jagdzwecken eingebracht und erhöht die Konkurrenz mit heimischen Wildarten)
Methoden der Bestandsregulation, die möglichst wenig Tierleid verursachen
- Jagd nur wenn nötig und ausschließlich um die angestrebten Naturschutz-Ziele zu erreichen und nicht um Jagdtrophäen zu gewinnen
- Jagd möglichst kurz und konzentriert in wenigen Phasen des Jahres, Einrichtung von Jagdruhezonen
- Jagd durch gut ausgebildete und routinierte Berufsjägerinnen und Berufsjäger der Stadt Wien, vorzugsweise von Hochständen aus (Ansitzjagd), keine Treibjagden
- Wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt zur Geburtenkontrolle beim Muffel- und Damwild
Prüfen von gesetzlichen Möglichkeiten zur Verwendung technischer Jagdhilfen, um das Tierleid möglichst gering zu halten
- Wie die Verwendung von Restlichtverstärkern, Scheinwerfern und Schalldämpfern am Gewehr (Vorbild: Vorarlberger Jagdgesetz)
Auslaufenlassen der Wildtierfütterung
- Bis sich der lebensraumangepasste Tierbestand im Lainzer Tiergarten selbst ernähren kann
Langfristige Erwägungen, um den Wildwechsel aus und in den Lainzer Tiergarten zu ermöglichen
- Anlegen punktueller Wildwechsel, sobald der Wildbestand im Lainzer Tiergarten auf ein lebensraumkonformes Niveau gebracht wurde
Erholungsnutzung und Umweltbildung
- Als weiterhin wichtige Funktionen des Lainzer Tiergartens, im Einklang mit dem Naturschutz
Hintergrund
Die vorgesehenen Maßnahmen wurden gemeinsam von der Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22), dem Wiener Forstamt und Landwirtschaftsbetrieb (MA 49), der Tierschutzombudsstelle Wien (TOW), der Wiener Umweltanwaltschaft (WUA) und dem Verein gegen Tierfabriken (VGT) nach dem bewährten Wiener Modell am Runden Tisch erarbeitet.
Beraten durch die externen Experten:
- Univ. Prof. Walter Arnold - Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (Fiwi) der Veterinärmedizinischen Universität Wien
- Dr. Hans Frey - Eulen- und Greifvogel-Station Haringsee
- Prof. Rudolf Winkelmayer - Veterinärmediziner und Experte für Tierethik
Update
- Die schrittweise und kontinuierliche Reduktion des Bestands an Schwarz- und Rehwild auf ein lebensraumkonformes Niveau ist noch am Laufen.
- Seit Umsetzung der Maßnahmen wurde eine zunehmende gesunde Entwicklung des Lainzer Tiergartens sowie eine natürliche Waldverjüngung festgestellt.
- Eine gesunde Entfaltung der Beutegreifer ist seither zu beobachten - zu dem gab es eine erfolgreiche Brut des sehr seltenen Habichtskauzes.
- Der Feldhasenbestand, der durch die Überpopulation gefährdet schien, hat sich ebenso erholt.
- Als technische Jagdhilfe ist der Schalldämpfer bereits im Einsatz.
- Die Fütterungsstandorte der Widerkäufer wurden aufgelassen um den Tieren zu lernen, auf das natürliche Fütterungsangebot zurückzugreifen.
Mehr Informationen dazu finden Sie hier.